Poor Boy WHO? Ägisth: eine Figur der antiken Theaterliteratur, Liebhaber der Königin Klytämnestra – hält für sie das Volk in Schach und assistiert ihr, als sie den Kriegsheimkehrer Agamemnon, ihren Mann, im Bad abschlachtet. Ihr Sohn rächt den Mord, tötet die eigne Mutter und nebenbei auch Ägisth. So viel zu ihm. Oder war da noch was anderes? Ägisth hat eine grausame Kindheit hinter sich. In seinem Lebensgepäck finden sich Inzest, Vergewaltigung, mörderische Brüderkriege. Früh instrumentalisiert, zum Morden erzogen, erlebt er mit 7 den Suizid seiner Mutter, wird aus der Heimat vertrieben. Trauma überall. Der Regisseur und Autor Christian Fries nimmt sich seiner Geschichte an, und das zweifach. Im großen Saal zeigt er sie als grelles Jahrmarkts-Spektakel, rau, punkig (Musik: Jan Klare). Im Keller in Form eines sensibel-intimen Films: Ägisth, als moderne Figur, auf der Suche nach sich selbst. Zwei Wege, dem Trauma zu begegnen. Beide Varianten sind kurz, laufen in Wiederholungsschleifen und können mehrfach, auch in Ausschnitten, rezipiert werden. Aus Bruchstücken entsteht ein je eigenes Bild des unbekannten Ägisths.