Auf dem Flyer in der Mitte: Elisa Loncón, Vorsitzende der verfassunggebenden Versammlung, Vertreterin der indigenen Mapuche, die besonders unter Verfolgung leiden. Das rechte Foto wurde zum Symbolbild der Massen-Proteste, die im Herbst 2019 begannen. Auch dort ist die Fahne der Mapuche ganz an der Spitze zu sehen.

Chile zwischen Faschismus und Demokratisierung

18. Dez. 2021
17:00 - 19:00
Für den Besuch dieser Veranstaltung brauchst du keine besonderen COVID-19 Nachweise mitbringen.
Am Abend vor der Präsidentschaftsstichwahl in Chile laden wir herzlich zu dieser Online-Veranstaltung (live per Zoom) ein. Chile gilt als „Musterland“ eines extremen Neoliberalismus, der in Zeiten der Pinochet-Diktatur eingeführt wurde und sich während der Folgejahre eher gefestigt hat. Haupt-Hinderungsgrund für wirkliche Reformen ist die 1980 während der Diktatur eingesetzte Verfassung, die Gerechtigkeit, Frieden und Aussöhnung verhindert. Am 18. Oktober 2019 kam das Fass zum Überlaufen: Eine Preiserhöhung von 30 Pesos für die U-Bahn löste einen Sozialen Aufstand in Chile aus, bei dem es im Kern um die wachsende Ungerechtigkeit der letzten 30 Jahre ging. Präsident Piñera erklärte, dass sich das Land in einem „Krieg gegen einen machtvollen und unerbittlichen Feind“ befände und der Staat reagierte mit brutaler Repression und Mitteln der Diktatur. Noch immer befinden sich zahlreiche Protestierende der großen Revolte 2019 in Haft. Die Proteste, die seit der Pandemie andere Formen finden mussten, erreichten die Durchführung eines Plebiszits und erlangten 78% Zustimmung zu einer neuen Verfassung und Gründung einer Verfassungsgebenden Versammlung, die im Juli 2021 ihre Arbeit aufnahm. Am 12. Oktober 2021 hat Chiles Präsident Sebastián Piñera den Ausnahmezustand verhängt über vier Zonen in den Regionen Bío Bío und Araucanía. Staatsterrorismus ist in Chile die Regel, wenn es um Politik- und Umweltaktivist*innen, Indigene, Migrant*innen oder arme Chilen*innen geht. Während der Diktatur General Pinochets (1973-90) war die Lage der indigenen Mapuche besonders schlimm; weder ihre Ethnie noch ihr (Gemein-)Eigentum wurden anerkannt, forstwirtschaftliche Firmen nahmen sich ihr Land. Etwas besser wurde es in den ersten Jahren nach der Wende zur parlamentarischen Demokratie: Unter den Mitte-Links-Regierungen kam es zu ersten Landrückgaben. Doch 1997 eskalierte der Konflikt, als einige Holzlastwagen in Brand gesteckt und Wege durch Mapuche-Gebiet blockiert wurden. Die – konservativen – Medien berichteten von Gewaltausbrüchen und Chaos, worauf die Regierung das Anti-Terrorgesetz Pinochets (und zwar nur gegen Mapuche) reaktivierte. Für Mapuche herrscht in Chile noch immer Diktatur. Gemeinden der Mapuche protestieren gegen die Abholzung der Wälder, gegen Staudämme oder Bauprojekte, die die Umwelt und somit ihre Lebensgrundlage gefährden. Konsequenterweise erfolgt systematische institutionelle Gewalt und Kriminalisierung gegen ihren Protest. Seit Mitte der neunziger Jahre bis heute gibt es bereits politische Gefangene der Mapuche. Nun geht die Amtszeit Piñeras zu Ende und am 19.12.2021 kommt es zur Stichwahl zwischen Gabriel Boric als Vertreter der Demokratiebewegung und José Antonio Kast als ultrarechten Gegenpart, dessen Wahlprogramm deutlich in Richtung einer Diktatur weist. Chile ist wieder einmal an einem Scheidepunkt zwischen einer Entwicklung zu mehr sozialem Frieden, Gerechtigkeit unter einer neuen demokratischen Verfassung und ultrarechten Kräften, die diese Entwicklung mit allen Mitteln verhindern möchten. Unabhängige Medien haben es extrem schwer, da auch die Medienlandschaft vom Neoliberalismus geprägt ist. Mit der Veranstaltung möchten wir über diese Situation berichten und dabei auch Stimmen von Chilen*innen in Deutschland und in Chile einbringen. Es wird die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen und sich inhaltlich zu beteiligen. Referentin: Pamela Ydígoras Pamela Ydígoras ist chilenische Liedermacherin, Autorin, Künstlerin und Menschenrechtsaktivistin, die sich für Politik, die Zukunft und die sozialen Veränderungen ihres Landes und der ganzen Welt interessiert. Aus diesem Grund thematisiert sie die Ungerechtigkeiten, die menschliche Apathie, die Hoffnung und die Liebe. Sowohl in ihren literarischen als auch in ihren politischen Texten. Außerdem singt sie über die Gefühle, die unsere Seele und Haut vibrieren lassen, die uns die Kraft geben, um eine bessere Welt zu schaffen: Die Zukunft der Menschheit und unseres Planeten liegt in unseren Händen. Moderation: Sophia Firgau Sophia Firgau ist Kulturpädagogin und Szenografin und seit 2009 immer wieder in Chile. Gerade entwickelt sie in einem chilenisch-deutschen Kuratorinnen-Team eine Ausstellung über Feminismus in Chile und Deutschland, die 2022 im Museum für Erinnerung und Menschenrechte in Santiago de Chile zu sehen sein wird. Organisation und Unterstützung: Jewgenij Arefiev (DFG-VK Münster), Martin Firgau & Isabel Lipthay (Duo Contraviento) Veranstalter: DFG-VK Münster in Kooperation mit der Friedenskooperative Münster Die Veranstaltung wird zum Teil vom Friedensbüro der Stadt Münster gefördert. Duo Contraviento | PARA LA GUERRA NADA – FÜR DEN KRIEG NICHTS (Marta Gómez): https://youtu.be/SFS506SeZdk Duo Contraviento | EL DERECHO DE VIVIR EN PAZ – DAS RECHT, IN FRIEDEN ZU LEBEN (V. Jara – Vers. 2019) | 1.6.2020 mit Karl Figueroa: https://youtu.be/tSx9YOFIDs4 Zoom-Meeting beitreten https://us02web.zoom.us/j/84607676093?pwd=ZXpRM1pMaEh0ZGNQSlpZTXNhdGZxZz09 Meeting-ID: 846 0767 6093 Kenncode: 953899

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