Sechs Lebensläufe deutscher, österreichischer und russischer Juden, die sich im gemeinsamen Fluchtpunkt Shanghai kreuzen. Aus Erzählungen, Photos,
Dokumenten und neuen Bildern aus der größten und widersprüchlichsten
Metropole des Fernen Ostens wird ein Ganzes, in dem das historische Exil
aktuelle Brisanz gewinnt. Langsam und vorsichtig nähert sich der Film
der Stadt wie ein Reisender vom Meer, betrachtet den Hafen, bleibt an
europäisch anmutenden Fassaden hängen, lange Einstellungen von Märkten,
Stadtverkehr; einer Suppenküche. Er berichtet von einer gegenwärtigen
Abwesenheit, die zarte Spuren hinterlassen hat – die der Juden in Shanghai. Fragment einer Stadtgeschichte, über die sich sowohl die chinesische Geschichtsschreibung als auch die der Diaspora bislang ausgeschwiegen haben. Ottinger läßt sie wiedererstehen, indem sie Menschen reden läßt, ihnen viel Zeit für die persönliche und allgemeine Geschichte gibt. Drei Wellen jüdischer Zuwanderung hat Shanghai erlebt: eine kaufmännische im 19. Jahrhundert durch die Sephardim und zwei der Flucht vor osteuropäischen Pogromen und dem deutschen Völkermord. Heute
sind sie erneut vertrieben; manche schon durch die japanische Okkupation
in den vierziger Jahren, die restlichen durch die chinesische Rückeroberung in den fünfzigern.
(Quelle: Die Linse e.V.)